Armitage Hux - Dunkle Schatten der Vergangenheit - Europe Superpower

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Armitage Hux - Dunkle Schatten der Vergangenheit

Fanfic Hux
Fanfiction - Star Wars

Armitage Hux aus Star Wars Episode 7-9 ist vor allem dafür bekannt, dass er als General der Ersten Ordnung die Zerstörung der Hauptwelt der Neuen Republik, Hosnian Prime, vorschlägt und nach der Genehmigung des Obersten Anführers Snoke auch durchführt. Damit ist er derjenige, der der Ersten Ordnung die Vorherrschaft in der Galaxis verschafft. Doch vor allem in Büchern und Comics hat er mittlerweile eine interessante Geschichte bekommen, die des misshandelten Kindes, des Opfers, das schon früh hat lernen müssen stark zu sein. Dies macht den Charakter anspruchsvoller und nachvollziehbar – und neben Großadmiral Thrawn zu meinem Lieblingscharakter ;) .

1.

Es war noch mitten in der Nacht im Jahr 5 NSY, ein Jahr nachdem das Imperium in der entscheidenden Schlacht von Endor gegen die Rebellen-Allianz verloren hatte, als der fünfjährige Armitage in seinem Zimmer aufwachte und in die Dunkelheit starrte. Von draußen prasselte der Regen an das Fenster seines Zimmers und Blitze erleuchteten kurz die Dunkelheit. Doch das war es nicht, was ihn nicht mehr schlafen ließ. Das Wetter auf Arkanis war so ziemlich immer schlecht und er hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, dass es nachts stürmte und gewitterte. Da war noch etwas anderes, was durch das Gewitter draußen verdeckt wurde. Etwas Bedrohliches, das er nicht sah und nicht hören konnte. Aber vermutlich bildete er sich das auch nur ein, weil er sich bei starken Unwettern nicht wohl fühlte.

Nach einer halben Stunde, in der er sich nur hin und her wälzte und immer noch keinen Schlaf fand, schlüpfte er aus seinem Bett und ging zum Fenster. Draußen sah er den Regen auf den nun dunklen rechteckigen Innenhof der Akademie prasseln, der hin und wieder von Blitzen erhellt wurde. Tagsüber sah er dort die jungen Offiziere, die hier ausgebildet wurden, hin und her laufen. Manchmal konnte er auch Kinder hier sehen, die aber waren alle älter als er selbst. Sie trainierten unter anderem in dem Innenhof, während er hier in seinem Zimmer saß und mit seinem Privatlehrer Lesen, Schreiben und Rechnen lernte. Da ihm das nicht sonderlich schwer fiel, beobachtete er oft die Kinder und die Offiziere in ihren grauen Uniformen und den polierten Stiefeln, manchmal trugen sie auch Schwarz. Ein paar der Fenster in den beiden Gebäuden, die er von hier aus sehen konnte, waren noch erleuchtet. Vom Balkon am Quartier seines Vaters, dem Kommandanten der Akademie, konnte man das ganze Gelände der Akademie überblicken, die uralte Festung, die hier in unmittelbarer Nähe stand, den alten Steinturm und bis zu den Klippen über dem Meer, zu dem sie nicht gehen durften, weil das wegen der gefährlichen Tiere dort zu gefährlich war.

Vor ein paar Wochen noch war er von den schicken jungen Offizieren und ihrer Ausbildung begeistert gewesen. Doch jetzt mochte er sie nicht mehr. Und das hatte weniger mit ihnen an sich sondern mit seinem Vater zu tun. Damals nämlich sagte Amitage ihm, dass er auch einmal ein großer Kämpfer und guter Offizier werden wollte. Bestimmt würde er jetzt stolz auf ihn sein, dachte er noch. Doch das war er ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Er sah ihn nur verächtlich an und schnauzte „wenn ich dich in eine Grundausbildung für die Kindersoldaten schicken würde, dann würden die dich verprügeln, bis du auf dem Boden liegst und um Hilfe schreist! So schmächtig wie du bist, kann ich dich ja noch nicht einmal einen Blaster halten hassen! Ich sollte dich einmal unsere Kindersoldaten ansehen lassen, die starken und robusten Kämpfer von morgen. Du dagegen bist nur dünn und schwach und blass! Du bist eine einzige Schande, und das nicht nur für den Kommandanten einer Akademie!“

Armitage verdrängte die Erinnerung daran. Es machte ihn nur traurig und er fühlte sich den anderen unterlegen. Er schlüpfte wieder unter seine Bettdecke und zog sie über den Kopf, um die Welt da draußen auszusperren. Dann sah er unter der Tür das Licht im Gang angehen und hörte Stimmen, seinen Vater und noch mindestens eine weitere Person. Sie gaben sich keine Mühe leise zu sein, so dass er schlafen konnte. Sein Vater hatte noch nie Rücksicht auf ihn genommen, und obwohl er damals erst fünf Jahre alt, wusste er mittlerweile nur allzu gut, dass Vater ihn nicht leiden konnte und verachtete. Zuweilen wurde einer der beiden laut, meistens sein Vater, wie immer. Obwohl er nun neugierig war, was los war, zog er es vor nicht nachzufragen. Wenn sein Vater laut wurde, schlug er nämlich auch ziemlich schnell zu, ohne dass er etwas tat, was wirklich schlimm war.

Klein Armitage schätzte, dass vielleicht eine Stunde vergangen war, als die Tür zu seinem Zimmer aufgerissen wurde und sein Vater ihn anbrüllte „raus aus dem Bett und zieh dir was an! Dann kommst du mit mir mit.“ Armitage schaute ihn fragend an, begriff nicht, was vor sich ging. „Beeil dich gefälligst und schau mich nicht so dümmlich an!“

Er wusste, dass es Prügel setzen würde, wenn er sich nicht beeilen würde, und so war er fünf Minuten später im Wohnzimmer, wo sein Vater, Oberst Julyan von der Akademie und noch ein anderer imperialer Offizier in schwarzer Uniform bereits warteten. „Wird ja langsam Zeit!“, meckerte sein Vater, der sich in seine Kommandanten-Uniform der Arkanis Akademie geworfen hatte, auf die er so stolz war.

Dann führte sie der andere Offizier nach draußen, wo das Unwetter mittlerweile nachgelassen hatte. Durch den Regen liefen sie zu dem Luftgleiter des Offiziers, der gleich darauf startete. In dem Moment wusste Armitage nicht, dass das das letzte Mal war, dass er sein Zuhause sah, das die Akademie damals nämlich für ihn war.

Unterwegs erhielt der andere Offizier eine Nachricht und der Junge spürte, dass sie ihn beunruhigte. „Sie sind früher hier, als wir erwartet haben“, sagte er zu seinem Vater und Julyan. „Es könnte riskant werden, Sie jetzt noch hier herauszubringen.“ Der Kommandant murrte schlechtgelaunt: „diese unfähigen Idioten! Haben die denn nicht früher gewusst, dass Arkanis angegriffen wird!?“

Das war das erste, was Armitage von all dem verstand. „Wir werden angegriffen?“ Sein Vater machte sich gar nicht die Mühe auf seine Frage zu reagieren, war mit anderen Dingen beschäftigt. Doch ihr Begleiter deutete höflicherweise nach draußen und nach oben in den Nachthimmel. „Sieh nach draußen, Junge. Wenn die Wolken aufreißen, dann kannst du sie sehen.“

Also starrte er in die Dunkelheit, suchte eine Lücke zwischen den Wolken. Es dauerte eine Weile, bis er eine fand, und zuerst merkte er gar nichts. Aber dann sah er, dass sich einige der Sterne bewegten und blitzten. Nach dem, was er von den Erwachsenen gehört hatte, kamen sie ihm jetzt wie böse Augen vor, die auf sie herabstarrten. Und jetzt, da er Bescheid wusste, dass sie angegriffen wurden, wurde ihm auch klar, dass die von den Regentropfen zerstreuten Lichtstrahlen keine Blitze mehr waren. Das Gewitter hatte sich mittlerweile verzogen. Nein, das grelle Licht kam von den bösen Sternen, vor denen sie flohen.

Minuten später erschienen andere Lichter über der nahegelegenen Basis. Das waren die TIE-Jäger. Die hatte Armitage schon öfter gesehen. Und sie flogen direkt auf die Schiffe im Weltraum zu, um ihre Heimat zu schützen. Fasziniert beobachtete er sie und die Lücke in den Wolken und fragte sich, ob er jetzt einen echten Luftkampf sehen würde, anstatt immer nur die Geschichten zu hören, die die Erwachsenen erzählten.

Doch dann war der Kampf ziemlich schnell ziemlich real, als in der nahen Basis etwas einschlug und explodierte. HellesFeuer erleuchtete noch die Dunkelheit vor ihnen, als sein Vater bereits eine Entscheidung getroffen hatte. „Fliegen Sie weg von der Basis, Major! Dieser Abschaum wird sie angreifen!“ „Jawohl, Sir!“, beeilte der sich zu sagen und wendete den Gleiter scharf nach rechts, weg von der Basis und weg von der Akademie, die ebenfalls Ziel der Angreifer wurde. Hinter sich sah Armitage weitere Explosionen sowohl auf der Basis als auch auf dem Gelände der Akademie, wo er noch vor ein paar Minuten gewesen war. Einer der Jäger krachte mit einem feurigen Schweif zu Boden. Kleinere Trümmer prasselten auf das Dach und jetzt bekam er ein bisschen Angst. Doch er traute sich nicht, das zu zeigen, denn dann würde Vater ihn wieder einen erbärmlichen Feigling schimpfen und Julyan würde ihn bestimmt auch nie in der Akademie haben wollen.


2.

Eine Weile flogen sie weiter durch die Dunkelheit, die Küste entlang, und Armitage fragte sich, ob der Pilot wusste, wo sie hin flogen, man konnte ja kaum etwas sehen. Sein Vater hatte sich erst einmal beruhigt und sie flogen schweigend durch die Nacht. Dann landete der Gleiter sanft und ein Blick aus dem Fenster zeigte Armitage, dass sie sich in einer kleineren Stadt befanden. Scaparus Port, dachte er. Zumindest war das die einzige Stadt, von der er gehört hatte und deren Namen er sich kaum merken konnte.

„Sind Sie sicher, dass wir hier richtig sind, Major?“, fragte sein Vater und sah sich zweifelnd um, als sie aus dem Gleiter stiegen und der Pilot sie auf ein dunkles niedriges Gebäude zu führte. „Ja, Kommandant, und ein paar andere warten ebenfalls bereits hier, bis Sie weitergebracht werden.“ Sein Vater nickte und bedankte sich bei dem anderen, der sich dann von ihnen verabschiedete und zurück zu dem Gleiter ging.

Dann standen sie allein in dem wieder heftiger werdenden Regen, und Armitage schaute zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Vor allem in der dortigen Basis und der Akademie waren noch immer vereinzelte Explosionen zu sehen und er sah zahlreiche Positionslichter von Jägern. Dann erleuchteten helle Streifen, die von der Basis ausgingen die Dunkelheit, als die dortige Luftabwehr auf die feindlichen Jäger schoss, sie zumeist verfehlte, aber wenn die Raketen doch ihr Ziel trafen, blühten durch den Regen verschwommen sichtbar kleine Feuerbälle auf, die sich teilten, und dann abstürzten.

„Wo bleibst du denn, Armitage?!“, hörte er dann seinen Vater, der bereits mit Julyan auf das Gebäude zuging. Der Junge wandte sich sofort ab von dem nächtlichen Spektakel in der Luft und lief seinem Vater hinterher. „Das sieht ja aus wie ein ganz normales Haus“, sagte er verwundert. „Warum bringen die uns hierher, Vater?“ „Eben weil es ein ganz normales Haus ist, Junge. Hier sucht uns niemand.“

Aber das stellte sich bald als überflüssige Sorge heraus. Denn kurz nachdem sie das Haus betreten hatten, kam ihnen schon eine Offizierin entgegen und salutierte. „Kommandant Hux, ich bin Major Namitha, und ich soll Sie nach Barkitane bringen, zu der dortigen geheimen Basis.“ Dann reichte sie ihnen Handtücher, damit sie sich den Regen aus den Gesichtern und den Haaren trocknen konnten. Sein Vater dachte kurz nach und fragte dann die Frau „der Basis? Ich weiß nichts von einer Basis in Barkitane.“ „Natürlich, Kommandant Hux. Sie ist streng geheim, und ich habe auch erst vor einer halben Stunde davon erfahren, weil die Militärführung dorthin gebracht wird. Sie liegt tief verborgen in einem Berg und wir gehen davon aus, dass die Rebellen sie nicht kennen. Außerdem bietet der Berg einen gewissen Schutz vor Beschuss. Sie ist etwa zweitausend Kilometer entfernt von hier, aber in einem Shuttle in ein paar Stunden zu erreichen.“

Eine halbe Stunde später waren sie wieder in der Luft, diesmal nicht in einem der langsamen Gleiter, sondern in einem schnellen Shuttle. Ihre Pilotin steuerte ihn weg von der Stadt, der Basis und den dortigen Kämpfen und hielt vermutlich auf diese Berge zu, von denen sie gesprochen hatte. Langsam ging die Sonne auf und die Dunkelheit wurde zu einem verregneten Grau. Unter ihnen wurden Wald und einzelne Berge sichtbar, hin und wieder sahen sie verstreute Dörfer. Und Armitage machte sich langsam Sorgen.

„Werden sie uns abschießen, wenn sie uns jetzt sehen?“ Die Pilotin, Namitha, lachte. „Glaub mir, Junge, wenn sie das vorhätten, hätten sie uns schon die ganze Zeit über abschießen können.“ Sie zeigte auf die Geräte des Shuttles vor sich. „Hiermit kann ein Luftfahrzeug andere Luftfahrzeuge auch in der Nacht sehen, Junge. Deshalb ist das auch ein ziviler Shuttle und kein militärischer.“ „Und wir sind unbewaffnet“, ergänzte sein Vater, und Armitage sah, dass er sich ganz und gar nicht wohl dabei fühlte.

„Warum hassen die uns eigentlich so sehr?“, wollte er dann wissen. „Weil sie schlecht sind. Weil sie Kriminelle sind. Weil sie das Chaos in der ganzen Galaxis verbreiten wollen. Und weil wir für Ordnung sorgen wollen und gegen sie vorgehen,“ antwortete diesmal sein Vater und fügte dann hinzu „deshalb jagen sie jetzt vor allem unsere Führung, nehmen sie fest, verhören sie und erschießen sie oder hängen sie auf.“ Armitage schaute ihn mit großen Augen an. „Dich auch, Vater?“ „Wenn sie mich kriegen, ja. Ich bin schließlich ein imperialer Kommandant einer Militärakademie.“

Armitage wurde mulmig und er schaute wieder aus dem Fenster und schwieg. „Aber wenn wir diesen Bunker erreichen und wenn sich unsere Flotte und die Flugabwehr bewähren, dann jagen wir diesen elenden Rebellenabschaum zurück in den Weltraum und bewahren Arkanis vor ihrem zersetzenden Gift, wie es bereits vor uns andere imperiale Welten erfolgreich getan haben und wieder tun werden!“, fügte sein Vater noch entschlossen hinzu, bevor er ebenfalls aus dem Fenster blickte.

In den folgenden beiden Stunden wichen sie immer wieder militärischen Einrichtungen aus, um nicht versehentlich als ziviles Shuttle zwischen die Fronten zu geraten und abgeschossen zu werden. Zweimal jagten Kampfflugzeuge in der Nähe des Shuttles vorbei, eigene TIEs und feindliche X-Flügler. Doch sie kümmerten sich nicht um das Shuttle. Der Kampf am Himmel war hinter dichten grauen Wolken verborgen – was einem wunderbaren strahlend grauen Tag auf Arkanis bedeutete. Aber ab und zu sah Armitage, dass die eine oder andere Stelle hell aufleuchtete und wusste, dass die Schiffe im Weltraum sich immer noch beschossen. Es war faszinierend und zugleich unheimlich und beängstigend.

Es verging vielleicht eine weitere Stunde, als Namitha ihnen erklärte, dass sie jetzt die Hälfte der Strecke nach Barkitane zurückgelegt hatten. Da das Shuttle weitgehend automatisch flog, beobachtete sie vor allem die Instrumente und suchte Gefahren, denen es auszuweichen galt. Und ganz plötzlich rief sie ihnen dann zu „festhalten!“ und riss den Shuttle scharf nach rechts. Fast im selben Moment sah Armitage etwas Großes, Brennendes unter den Wolken auftauchen, das von kleineren Trümmerstücken begleitet wurde. „Ein imperialer Kreuzer!“, rief sein Vater. „Und er wird direkt in die Vororte der Stadt unter uns krachen!“, fügte Namitha entsetzt hinzu. Ein paar der feindlichen X-Flügler waren dem Kreuzer gefolgt und Armitage fürchtete bereits, dass sie auf das Shuttle schießen würden. Doch in dem Moment, als das große Schiff in die Vororte der Stadt stürzte und dort explodierte, drehten die Feindjäger ab.

Die letzten beiden Stunden, während denen Armitage sehnsüchtig hoffte, dass sie endlich da wären, zogen sich in die Länge. Doch es passierte nichts mehr. Unten waren jetzt keine Wälder, Dörfer oder Seen mehr zu sehen, sondern nur noch Berge und noch mehr Berge. „Wir gehen jetzt in den Landeanflug auf Barkitane, Kommandant Hux“, erklärte Major Namitha dann endlich. „Wir können direkt in den Berg hineinfliegen. Der Hangar befindet sich im Inneren.“ Dann neigte sich das Shuttle leicht nach unten und Armitage schaute neugierig aus dem Fenster. Die Berge sahen alle gleich aus. Keiner unterschied sich vom anderen. Die Gipfel der höheren Berge verschwanden in den tiefen Wolken.

Doch plötzlich sah Armitage etwas unten in einem Tal aufblitzen. „Sie schießen mit Lasern auf uns!“, rief er entsetzt. „Quatsch!“ murrte sein Vater. „Wenn du einen Laser siehst, heißt das, dass du direkt hineinschaust und er dich bereits getroffen hat.“ Doch Namitha wich tatsächlich ganz plötzlich etwas aus. Und dieses Etwas war zu zweit und näherte sich ihnen mit je einem feurigen Schweif, und es folgte dem Ausweichmanövern des Shuttles. „Das sind diese verdammten alten Raketenwerfer! Und sie reagieren auf Wärmeabstrahlung!“, rief sein Vater. „Diese verdammten Rebellen müssen wissen, dass unsere Führung hierher gebracht wird und erwarten uns einfach hier! Von wegen geheime Basis! Wenn wir jetzt Laser hätten, könnten wir die Dinger leicht vom Himmel schießen.“

Namitha beachtete ihn nicht weiter und konzentrierte sich darauf, die Raketen abzuschütteln, flog scharfe Kurven und steil in den Sinkflug. Doch beide Raketen folgten ihnen. Erst als sie ganz knapp über einen der Gipfel flog und sofort wieder auf der anderen Seite des Berges abtauchte, donnerte eine von ihnen in diesen Gipfel und sprengte ihn in die Luft, so dass noch einige Steine auf das Shuttle prasselten. Gleich darauf musste Namitha den Shuttle wieder hochziehen, um nicht in den nächsten Berg zu rasen.

Doch genau diese Flugbewegung brachte den Shuttle in die Flugbahn der zweiten Rakete. Armitage sah einen kurzen Moment lang, wie diese fast direkt auf sie zukam. Von Panik erfüllt spürte er wie sich der Shuttle aufbäumte und zur Seite und nach unten gerissen wurde. Dann überschlug es sich in der Luft, und er schrie vor Angst und ihm wurde schlecht. Daraufhin gab es einen scharfen Ruck, und ihm wurde schwarz vor Augen.


3.

Als Armitage wieder zu sich kam, lehnte er hinter einem Felsen, hinter dem auch sein Vater und Namitha kauerten, während sie in das Tal, in das sie gestürzt waren, und zu den anderen Felsen schauten. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber jetzt befanden sich noch andere Menschen in der Nähe und blickten zu ihnen her. Imperiale zumindest, erkannte Armitage erleichtert. Ein Offizier und zwei weißgekleidete Sturmtruppen. Auch sie kauerten hinter einem Felsen, beobachteten durch das Zielfernrohr ihrer Blaster das Tal vor ihnen. Dort lag auch der beschädigte Shuttle, mit dem sie hier abgestürzt waren. Schwarzer Rauch stieg von ihm aus in den Himmel. Plötzlich überkam ihn wieder die Angst, als er die Rakete direkt auf sie zukommen sah und als der Shuttle dann getroffen wurde. Doch er beruhigte sich schnell wieder, sie hatten ja überlebt. Auch wenn sein Kopf weh tat und er sich den linken Arm aufgerissen hatte. Aber warum kauerten die anderen hinter den Felsen?

Er wollte zu ihnen klettern und fragen, als sein Vater ihm zu verstehen gab, dass er bleiben sollte, wo er war. Dann sah Armitage, dass er in sein Komm-Gerät sprach, konnte aber nicht ganz verstehen, was los war. Irgend etwas mit Rebellen, und obwohl er erst fünf Jahre alt war, wusste er wie jedes andere imperiale Kind auch, dass die etwas Schlechtes und Bedrohliches waren. Und wahrscheinlich der Grund, warum sie alle hier hinter den Felsen hockten und die Umgebung beobachteten. Die hatten sie abgeschossen, also wollten sie sie töten. Er erinnerte sich daran, dass sein Vater gesagt hatte, dass sie die Führung jagten, dass sie sie verhören und erschießen oder aufhängen wollten.

Minuten vergingen und er konnte immer noch keinen Feind entdecken. Ab und zu sprach sein Vater wieder durch sein Komm-Gerät, aber ansonsten tat sich nichts. Seine Knie taten bereits ganz schön weh und setzt sich vorsichtig anders hin. Dann plötzlich stürzte einer der beiden Sturmtruppler, die er von hier aus sehen konnte, nach hinten zurück und rührte sich nicht mehr. Er hatte über sein Felsenversteck hinaus geschaut, um die Umgebung zu beobachten, und damit war sein Kopf verwundbar geworden. Jetzt sickerte rotes Blut aus seiner Stirn.

An den anderen Felsen tauchten jetzt mehrere rote Punkte auf und huschten über die Steine. Splitter spritzten in rascher Abfolge zur Seite und nach unten. Doch die Ziele waren bereits in Deckung gegangen. „Scharfschützen!“, hörte er seinen Vater sagen. Von seinem Versteck aus konnte Armitage kleine Bewegungen in den näheren Bergen sehen. Er wollte sie schon den anderen zeigen, doch die hatten sie ebenfalls schon gesehen und schossen bereits auf sie. Doch anscheinend trafen sie nicht. Armitage sah nur Steine absplittern.

Dann eröffneten die Feinde das Feuer von verschiedenen Seiten. Der eine Offizier, der mit den Sturmtrupplern gekommen war, gab plötzlich einen unterdrückten Schrei von sich und fasste sich an den Bauch. Er krümmte sich vor Schmerzen und stöhnte. Armitage wollte die kurze Strecke hinüber kriechen und versuchen ihm zu helfen. Doch der andere sah ihn und gab ihm zu verstehen unten zu bleiben. Plötzlich splitterte auch ein Stück des Felsens über seinem Versteck. Und Armitage duckte sich automatisch tiefer und wagte kaum zu atmen. Sein Herz schlug wild und er presst die Augen zu und drückte die Hände auf die Ohren, vergaß, dass ihm der Kopf weh tat und seinen schmerzenden Arm und kauerte hinter seinem Felsen.

Plötzlich packte ihn jemand von hinten. Entsetzt riss er die Augen auf und sah Namitha, die Pilotin, die sie hierher gebracht hatte. „Bleib unten!“, wies sie ihn an. Und er gehorchte, zitterte am ganzen Leib. „Sie wollen bestimmt keine unbewaffneten Kinder töten“, versuchte sie ihn zu beruhigen. Doch fast im selben Moment stürzte sie nach hinten und stöhnte. Armitage drehte sich zu ihr um und sah, wie ihr Körper aufzuckte, als er nochmals getroffen wurde. Sie blutete aus der Brust und am Arm, stolperte zu Boden und schlug hart auf. Ihr Blaster glitt ihr aus der Hand und sie sah ihn mit glasigen Augen an. Armitage war entsetzt, kroch zu ihr und hielt seine Hände auf die Wunde in ihrer Brust, so wie er es bei anderen Soldaten schon gesehen hatte. Sie lächelte ihn an und er konnte den Schmerz in ihrem Gesicht sehen. Steine spritzten ein Stück über ihnen auf, aber der Schuss traf sie nicht. „Nimm den Blaster, Junge“, brachte sie hervor. Doch Armitage bewegte sich nicht. „Nimm ihn!“

Über sie hinweg konnte er seinen Vater hinter seinem Felsen ganz in der Nähe sehen, er schoss weiterhin auf die Angreifer. Armitage merkte erst jetzt, dass ihm einzelne Tränen über die Wangen liefen und in Namithas Gesicht tropften. Plötzlich tauchte einer der dunkel gekleideten Rebellen hinter seinem Vater auf, den Blaster auf ihn gerichtet. Dann schlug er ihm die Waffe aus der Hand und stieß ihn hart gegen die Felswand. „Schieß, Armitage!“, rief er ihm zu. „Nimm den Blaster und erschieß ihn.“

Der Rebell schlug auf ihn ein und sein Vater ging in die Knie. Armitage nahm den Blaster und sah ihn an. Seine Hand zitterte noch immer. Der Angreifer wollte seinen Vater anscheinend gefangen nehmen und ihn nicht erschießen. Aber er war dabei ihn bewusstlos zu prügeln. Und als er gesehen hatte, dass der kleine Junge zitternd dastand und ihn nur anstarrte, beachtete er ihn gar nicht mehr.

Doch dann plötzlich wurde der Rebell getroffen und fiel ins Tal hinunter. Sein Vater kauerte noch immer auf den Knien und stöhnte vor Schmerz. Dann sah Armitage den verwundeten Offizier, dem er zuvor hatte helfen wollen, und dass er seinen Blaster wieder sinken ließ, mit dem er den Angreifer erledigt hatte. Und ganz plötzlich brach der Angriff ab. Armitage verstand erst nicht, warum, aber es fielen keine Schüsse mehr. Dann sah er zwei TIEs von ihrem Zielberg auf sie zufliegen und wusste, warum. Die Rebellen verschwanden langsam wieder. Zumindest versuchten sie das.

Dann erschienen schwarz gekleidete Piloten und kümmerten sich um seinen Vater. Der winkte sie aber nach ein paar Minuten zur Seite und blickte seinen Sohn böse an. Er war wütend und sehr böse mit ihm. Armitage hatte den Blaster mittlerweile wieder fallen gelassen, doch er saß noch immer hinter dem Felsen bei der toten Namitha. Sein Vater kam zu ihm herüber, packte ihn unsanft und zog ihn auf die Füße. Dann schlug er ihn ins Gesicht. „Du elender Feigling!“, schrie er ihn an. „Du hast einen Blaster in der Hand und schießt nicht! Wolltest du, dass der Kerl mich umbringt!“ Wieder schlug er zu und Armitage versuchte nicht zu schreien und den Schmerz wegzustecken. Doch als er ihn nochmals schlug, stolperte er und fiel gegen den Felsen. Die anderen mischten sich nicht ein, noch nicht einmal, als er seinen Sohn trat und er vor Schmerz wimmerte.

Er hörte erst auf, als zwei Sturmtruppler einen Gefangenen brachten und vor ihm zu Boden schlugen. Da nahm er seinen Blaster und legte auf ihn an, wollte seiner Wut freien Lauf lassen. Doch er überlegte es sich anders und schoss nicht. „Armitage, komm her!“, befahl er ihm dann. Der rappelte sich mühsam auf und beeilte sich zu ihm zu kommen. Grob zog er ihn näher und drückte ihm den Blaster in die Hand. „Jetzt lern gefälligst zu schießen!“ Als Armitage zögerte und nur auf den gefangenen Rebellen hinabstarrte, wiederholte sein Vater die Aufforderung und stieß ihn grob an. „Du bist der Sohn eines imperialen Kommandanten und kannst nicht schießen?! Bist du denn zu gar nichts zu gebrauchen?! Soll ich dir erst noch zeigen, wie man einen simplen Blaster abschießt?!“ Armitage bekam Angst. Würde er ihn anschießen? Er hatte ihn verprügelt, sein ganzer Körper tat entsetzlich weh. Ja, er würde auch schießen. Langsam hob er den Blaster und richtete ihn auf den Rebellen. Es kam ihm vor, als ob der ihn nicht nur angsterfüllt sondern auch irgendwie mitfühlend ansah. „Erschieß diesen Abschaum!“ schrie er ihn nochmals an.

Und Armitage gehorchte und drückte ab. Ein einziger Druck mit dem Finger und der Angreifer kippte tot nach hinten weg und lag auf dem Boden zwischen den Felsen. Eine kleine Blutlache breitete sich unter seinem Kopf aus und wurde langsam größer. Armitage starrte ihn an, starrte Namitha an, den toten Offizier, und seinen Vater. „Das wird ja auch langsam Zeit! Wieso hast du solange gezögert?! Glaubst du, in der Akademie würden sie sich mit so etwas wie dir abgeben wollen?!“ Armitage schluckte und versuchte nicht wieder zu zittern. Aber da wurde er schon grob gepackt und vorwärts gezerrt.


4.

Armitage stand unter Schock, als sie sie in einem Shuttle zu dem Berg brachten. Die Schüsse, die Angst, die Verletzten und Toten, dann die Schläge seines Vaters. Und er hatte jemanden erschossen. Er starrte zum Fenster hinaus auf die Berge, nahm sie aber kaum wahr. Er war kein guter Kämpfer, sagte er sich. Er stellte sich miserabel an, er war so miserabel, dass ihn sein Vater erst schlagen musste, damit er tat, was nötig war. Wie sehr musste er und Oberst Julyan von der Akademie ihn verachten. Er hatte einen Blaster in der Hand und hatte nicht geschossen, obwohl ein Rebell seinen Vater bedrohte! Die jungen Offiziere in der Akademie würden ihn jetzt wohl auslachen. - Doch die waren jetzt ja tot. Die Akademie, sein Zuhause, gab es wohl nicht mehr, schoss es ihm durch den Kopf.

Mit solchen Gedanken im Kopf merkte er gar nicht, dass sie im Berg landeten, der angeblich streng geheimen Basis, von der Namitha gesprochen hatte. Dort versorgten sie ihn in der medizinischen Station, gaben ihnen etwas zu Essen und wiesen ihnen Zimmer zu.

Er legte sich ins Bett und schlief langsam ein. Doch er schlief nicht lange, da ihm die Bilder des Erlebten durch den Kopf gingen. Jetzt und auch in den folgenden Nächten. Immer wieder wachte er aus seinen Albträumen auf. Die ersten Tage kümmerte sich sein Vater nicht um ihn, und er war froh darüber, dass er nicht da war. Doch dann kam er in sein Zimmer und befahl ihm mitzukommen. „Du wirst die Zeit hier nicht weiterhin nutzlos herumlungern, sondern lernen ein Soldat zu werden. Hier sind noch ein paar andere Kinder von Offizieren und wir meinen, dass ihr die Zeit zum Trainieren nutzen solltet. Und stell dich nicht wieder so dämlich an. Hast du verstanden?!“ Armitage nickte artig und folgte ihm. „Ich habe wirklich besseres hier zu tun als mir anhören zu müssen, dass du ein Versager bist! Ich muss das neue Trainingsprogramm verfeinern, für die künftigen Soldaten, die unsere Heimat verteidigen. Also möchte ich mich nicht mit dir herumärgern müssen! Ist das klar?!“ Wieder nickte Armitage artig.

Doch die anderen Kinder, es waren vier, zwei Jungen und zwei Mädchen, waren alle älter als er. Einer der Jungs schien sogar acht zu sein. Und sofort hatte er ein bisschen Angst vor ihm. In ihrer ersten Stunde stellte sich ihr Trainer als Oberst Midkarh vor. Er lächelte die Kinder an, die um ihn herum standen und meinte mit einem Zwinkern, dass man sie ihm aufs Auge gedrückt hätte. Der Achtjährige und eines der Mädchen lächelten auch ihn an, doch Armitage blieb ernst, auch als ihr Ausbilder seinem jüngsten Schüler freundlich zulachte.

„Wie ich gehört habe, bist du mit deinem Vater hier in der Nähe des Bunkers von Rebellen abgeschossen worden“, sprach er ihn dann an. Armitage nickte wortlos. „Und ich habe auch gehört, dass du einen von ihnen erschossen hast!“ Anerkennend klopfte er ihm auf die Schulter. „Womöglich brauchst du gar kein Training mehr und bist bereits ein guter Soldat.“

Doch Armitage lächelte nicht stolz, sondern senkte den Kopf. Der nette Oberst wusste wahrscheinlich nicht, dass er den Rebellen nicht im Kampf erschossen hatte, sondern erst, als ihn sein Vater dazu hatte zwingen müssen. Und er schämte sich jetzt, die Geschichte so zu erzählen wie sie wirklich war. Also schwieg er.

Midkarh schien verwundert und wandte sich an die anderen. „Und ihr, welche Erfahrungen habt ihr schon beim Kämpfen gemacht?“ Sogleich meldete sich der Älteste. „Ich war Schulhofschläger!“, sagte er mit einigem Stolz, so dass die anderen in Gelächter ausbrachen. „Und ich habe eine Horde von Rebellen mit einem bösen Blick getötet!“, fügte eines der Mädchen hinzu. Wieder lachten die Kinder und auch Midkarh musste schmunzeln.

„Na dann wirst du ja kein Problem damit haben, unseren Schulhofschläger zu disziplinieren!“, wandte er ein. „Am besten ihr beide demonstriert gleich mal eure Fähigkeiten, Rufh und Bardhe, richtig?“ Beide nickten. Und sie kämpften wie auf dem Schulhof, wenn auch nicht ganz ernst. Er zog sie an den Haaren und sie trat ihm ins Schienbein. Aber nicht wirklich feste. Midkarh verdrehte grinsend die Augen.

Noch während die beiden rangelten, wandte er sich dem anderen Mädchen zu, das wohl etwa im Alter von Armitage war. „Und du, Larthi, was hast du bereits angestellt?“ „Nicht viel, Sir“, meinte sie ernst. „Als die Rebellen zu uns nach Hause kamen, bin ich weggerannt und habe mich unter dem Bett verkrochen.“ „Ah, noch ein Rebellenkämpfer“, sagte Midkarh. „Und dann hast du ein  paar von ihnen getötet?“ „Nein. Sie haben Mama und Papa erschossen“, meinte sie ernst und kämpfte ihre Tränen nieder. Dann rannte sie aus dem Trainingsraum.

Midkarh schaute ihr mitfühlend nach. „Also dann bleibt nur noch ihr beide, Armitage und Gerath. Aber bitte kämpft nicht so wie die beiden da drüben, sondern wie echte Soldaten!“, meinte er schmunzelnd. Dann sah er Armitage freundlich an. „Wie ich gehört habe, möchte dein Vater nicht, dass du ihm hier Schande bereitest.“ „Nein, dass will ich nicht tun, Sir“, entgegnete der knapp und weiterhin ernst. Nein, er wollte nicht wieder versagen und dass die anderen womöglich über ihn lachten, weil er so erbärmlich war. Er wollte seinem Vater keine Schande bereiten. Auch nicht, wenn der andere Junge bestimmt zwei Jahre älter war als er.

Also schlug er zu, als der andere ihn spielerisch schubste. Er war kein erbärmlicher Versager! Und er schlug den andern feste ins Gesicht, bis seine Lippe blutete. Dann packte Gerath seine rechte Hand, um sich zu schützen, wollte Armitage schlagen, doch der trat jetzt auf Gerath ein, immer wieder und voller Wut. Dann befreite er seine Hand und schlug wieder voller Zorn zu, packte ihn an den Haaren und zog so feste er konnte. In dem Moment ging Midkarh dazwischen und schickte Armitage zur Seite. Gerath war kurz davor zu weinen. Midkarh schickte ihn in sein Zimmer und sah Armitage zornig an. Der war verwirrt. Er hatte doch gekämpft! Er hatte doch gar keine Angst gezeigt und fast auch nicht gehabt! Er hatte doch gegen Gerath gesiegt, obwohl der größer war! Warum als war Midkarh zornig auf ihn?

Als sie etwa eine Stunde später den Trainingsraum verließen und zu dem Zimmer gingen, dass er mit den andern Jungs teilen musste, sahen sie unterwegs auf dem Gang das kleine Mädchen auf dem Boden hocken, die Hände vor dem Gesicht und schluchzend. Der Schulhofschläger und seine Trainingspartnerin sahen sie als erste und lachten. „Da ist ja die Heulsuse!“, meinte Rufh. „Was für eine blöde Kuh!“, fügte Bardhe hinzu, „die hat wohl die Hose voll, wenn sie gegen einen von uns kämpfen soll!“. Armitage wusste, dass sie nicht deshalb da hockte, weil sie vor ihnen Angst hatte. Sie hatte doch erzählt, dass die Rebellen ihre Eltern umgebracht hatten, während sie sich unter dem Bett versteckt hatte. Hatten die denn nicht zugehört? Irgendwie mochte er sie.

Den anderen wurde das hier ziemlich schnell wieder langweilig und sie gingen weiter. Armitage bleib aber da stehen und sah sie an. „Die Rebellen habe deine Eltern erschossen?“, sprach er sie dann an. Sie nickte und schaute langsam zu ihm auf, die Augen vom Weinen gerötet. Er wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte und hockte sich auch auf den kühlen Boden des Ganges. Ein paar Minuten schwiegen sie. Keiner kam vorbei, nur hin und wieder ging in einem der Quergänge eine Tür auf und wurde wieder geschlossen. Armitage starrte zu dem flackernden Licht über ihnen hinauf und rührte sich auch nicht. Dann sprach das Mädchen doch noch.

„Meine Eltern waren beide Offiziere“, sagte sie leise und etwas abwesend. Armitage schaute sie an und hörte ihr zu. „Wir waren zuhause, als die Rebellen gekommen sind. Es war alles dunkel und das Licht ging nicht. Mama war plötzlich beunruhigt und schaute aus dem Fenster. Und auch Papa hörte irgendwas. Dann sind sie herumgerannt und haben ihre Waffen geholt. Mama hat gesagt, ich soll mich ganz gut verstecken.“ Sie unterbrach sich einen Moment lang, starrte auf den Boden und schluchzte. „Ich bin in mein Zimmer gerannt und dann klirrte etwas. Und dann habe ich erst Papa schreien hören und dann Mama. Und es war alles ganz dunkel und ich habe nichts gesehen. Ich war nur unter dem Bett und habe Angst gehabt.“ Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schaute jetzt auch Armitage an, der immer noch schweigend dasaß.

„Und sie haben sie umgebracht und dich nicht gefunden“, vermutete er, als sie schwieg. Sie nickte wieder. „Ja. Dann bin ich runter gelaufen und wollte nach Mama und Papa sehen. Und da war aber noch ein unheimlicher Rebell in einer dunklen Kleidung. Und da war Blut darauf. Vor ihm lagen Mama und Papa und da war ganz viel Blut. Papa lebte noch. Aber der unheimliche Rebell hatte einen Blaster und zielte auf Papa. Dann hat Papa mich angeschaut und irgendwas gesagt, das ich nicht mehr verstanden habe, weil da nur noch Blut war. Dann hat der Rebell geschossen und Papa war auch tot.

Ich wollte weglaufen, aber da lag noch ein Toter, ein Rebell, und ich bin über den gestolpert und hingefallen. Und dann ist der Rebell auf mich zugekommen und hat gegrinst. „Wir töten keine unbewaffneten Kinder“, hat er dann gesagt. „Wir sind die Guten. Deine Eltern waren schlecht, Mädchen. Sie waren böse Imperiale. Wir bringen euch jetzt die Freiheit, du wirst schon sehen. Jetzt wird alles besser.“ Dann hat er mir aufgeholfen und ich bin raus gerannt.“

Sie schluchzte immer noch und starrte an die kalte weiße Wand gegenüber. Doch nach ein paar Minuten lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter. Armitage verstand, dass sie Trost wollte, aber er wusste nicht, was er tun sollte. Seine Mama war irgendwie nicht seine Mama, und er sollte sie Maratelle nennen. Sie mochte ihn nicht und war irgendwann ganz verschwunden. Und sein Vater schrie ihn an oder schlug ihn, wenn er weinte. Niemand hatte ihn jemals getröstet, außer die Bettdecke, unter der er sich verkroch.

Also saß er nur da und tat gar nichts, und ihm kam die schreckliche Erinnerung an einen Tag, als sie ein Admiral Brooks besuchte und er Getränke servieren sollte. Doch als er das Tablett mit den Getränken versehentlich fallen ließ, machte der sich darüber lustig, dass er der illegitime Sohn einer Küchenbediensteten war, der nicht einmal Getränke servieren könnte und zur Strafe die Schweinerei auflecken sollte. Sein Vater half ihm nicht, sondern nannte ihn erbärmlich und zu nichts nütze und sah zu, als er der Aufforderung von Brooks nachkam. Und dann verprügelte er ihn, anstatt ihn in Schutz zu nehmen und zu trösten.


In der Nacht hatte er wieder Albträume und wachte mehrmals auf, wie die letzten Nächte auch schon. Dann war er immer froh, dass es Morgen wurde. Doch diesmal sahen ihn die beiden anderen Jungen, die im selben Zimmer schliefen, seltsam an und grinsten. „Du hast Angst in der Dunkelheit!“, sagte Gerath, der, den er am Vortag verprügelt hatte. „Wie ein kleines Kind bist du!“, spottete er weiter. Dann mischte sich der Schläger ein. „Wenn du uns in der Nacht nicht schlafen lässt, weil du vor dich hin brabbelst und wimmerst, dann setzt‘s mal was! Hast du verstanden, du Kleinkind!“ Armitage schämte sich und sagte nichts. Der ältere Junge schubste ihn und zeigte die Faust. Armitage verstand die Drohung, zog sich schnell an und lief zum Frühstück, damit der andere erst gar nicht auf die Idee kam, gleich jetzt zuzuschlagen.

Nach dem Frühstück mussten sie wieder zum Training. Sie machten vor allem Sport. Zehn Kilometer laufen und möglichst als Erster ans Ziel kommen. Aber Armitage war der Jüngste und konnte mit den anderen nicht mithalten. Also war er der Letzte. Rufh, der bestimmt drei oder vier Jahre älter war, lachte ihn wieder aus. „Das Kleinkind kann nicht mal rennen! Sogar die Mädchen laufen schneller!“ Und Armitage schämte sich wieder und schwieg. Larthi, das Mädchen mit den toten Eltern, sah Rufh böse an. Und der lachte jetzt auch über sie. „Die steht auf den Versager! Die Heulsuse passt zu dem!“

Da wurde Armitage sauer und nahm seinen Mut zusammen, ging auf den Älteren zu und wollte ihn schlagen. Doch der war stärker, hielt ihn fest und verpasste Armitage einen Faustschlag auf die Nase, die sogleich anfing zu bluten. In dem Moment ging Midkarh dazwischen. „Heute Nacht gibt‘s mehr Haue, Kleinkind!“, rief Rufh ihm zu.

Nach der Mittagspause sollten die Kinder dann lernen einen Blaster richtig zu halten, zu laden und abzuschießen. Dazu bekamen sie zehn Meter weit aufgestellte Pappfiguren mit schwarzen Kreisen, die ihnen anzeigten, wohin sie schießen sollten, also Kopf und Herz. Rufh fing an und hatte richtig Spaß dabei, als er irgendwo in die Kreise traf. Stolz grinste er die anderen an, als Midkarh ihn lobte. „Für das erste Mal ganz gut, Rufh“, sagte er. Und als Armitage an die Reihe kam höhnte er wieder. „Das Kleinkind kann doch keinen Blaster abfeuern!“ Midkarh sah ihn streng an. „Hör auf, über andere zu lachen, Rufh. Armitage hat bereits einen Rebellen erschossen“. „Wer‘s glaubt!“

Dann ging Midkarh zu seinem jüngsten Schüler und drückte ihm den Blaster in die Hand, zeigte ihm, wie er ihn richtig halten sollte. Armitage sah ihm zu, als Midkarh ihm zeigte, wie man richtig ins Schwarze traf. „Ein Schuss ins Herz, einer in den Kopf. Am besten zwei Schüsse, falls einer daneben geht, Armitage. So machen die das bei den Eliteeinheiten. Und jetzt versuch‘s.“ Armitage nickte und zögerte. Die Erinnerungen an den Tag, als sie vor dem Bunker abgeschossen wurden, stiegen wieder in ihm hoch. Er hielt den Blaster in der Hand, während einer der Rebellen auf seinen Vater einschlug. Und er zitterte nur und konnte nicht schießen. „Los, Armitage, schieß!“, rief ihm Midkarh zu. Fast genauso wie es sein Vater vor ein paar Tagen getan hatte. Und er hatte sich so dafür geschämt, dass er nicht geschossen hatte.

Dann nahm er der Blaster entschlossen hoch und schon drauf los, ein Schuss nach dem anderen, irgendwo in die Kreise oder daneben, zerfetzte die Pappfigur und hörte nicht auf zu schießen, bis ihm Midkarh die Waffe abnahm und zur Seite legte. „Was war das, Armitage!?“, fragte er ihn entgeistert. „Ich habe gesagt zwei Schüsse!“ Und es dauerte natürlich nicht lange bis sich Rufh einmischte. „Der ist ja total psycho und kann ja nicht mal bis zwei zählen!“ Midkarh verdonnerte ihn wieder dazu Ruhe zu geben und Armitage zufrieden zu lassen. Doch dem anderen machte es Spaß auf ihm herumzuhacken. Er hob seine Faust und schlug plötzlich zweimal zu, bevor Midkarh eingreifen konnte. „Eins, zwei, Kleiner, kapiert?!“.

Armitage war völlig überrumpelt und stolperte zurück, hielt sich an dem Kasten fest, auf dem Midkarh den Blaster gelegt hatte, um nicht zu Boden zu stürzen. Dann griff er nach dem Blaster und zielte auf Rufh, der immer noch lachte und erst dann sah, dass Armitage die Waffe in der Hand hielt. Unsicher verging ihm das Lachen und er starrte den Jüngeren entsetzt an. Midkarh hatte die Situation eben erst richtig wahrgenommen und eilte auf Armitage zu. ‚Schieß, Armitage, schieß!‘, klangen die Worte seines Vaters in seinen Gedanken, und er nahm Midkarh und die übrigen Kinder, die entsetzt her starrten, nicht mehr wahr. Dann drückte er ab. Einmal, zweimal. „Eins, zwei“, murmelte er. Der erste Schuss ging nicht direkt ins Herz sondern zerfetzte Rufhs Lunge, der zweite traf seine Stirn und Rufh war sofort tot.

Wie erstarrt stand er dann da und blickte auf seinen Widersacher herab. „Eins, zwei, Rufh!“, schrie er ihn an, „eins, zwei!“ Und es tat gut, dass er sich gegen die Schläge gewehrt hatte. Es fühlte sich richtig gut an. Er war hier und jetzt kein Opfer, sondern der mit der Waffe. Jetzt war er nicht erbärmlich, geschlagen und gedemütigt, jetzt hatte er die Kontrolle und den Respekt, vor sich selbst und den der anderen. Das erste Mal in seinem Leben.

Midkarh riss ihm den Blaster aus der Hand und beugte sich zu Rufh hinab, um zu sehen, ob er noch lebte. Dann packte er Armitage entsetzt an den Schultern und schüttelte ihn. „Was hast du da getan?! Bist du verrückt?!“ Armitage war noch immer weggetreten und starrte durch ihn hindurch. „Ja, ich habe geschossen, Vater. Ich habe geschossen“, murmelte er vor sich hin. „Das zweite mal jetzt habe ich geschossen!“

Noch am selben Tag wurde Armitage aus dem Trainingskurs geworfen. Sein Vater ranzte ihn wieder einmal an, aber das war ihm jetzt egal. Er wusste jetzt, dass er stark sein konnte und wie sich das anfühlte. Und er war jetzt fest entschlossen irgendwann einmal stark zu sein, nie wieder ein Opfer zu sein, nie wieder geschlagen und verlacht zu werden. Er wollte in der Zukunft einmal der sein, der die Kontrolle hatte, den Finger am Abzug. Er wollte das, unbedingt.

Am folgenden Tag durfte er nicht mehr mit den andern trainieren, und so lungerte er wieder herum und langweilte sich. Morgens ertappte er sich dabei, dass er absichtlich zu der Zeit im Gang herumlief, als die anderen zum Training mussten, oder durften. Er wartete auf Larthi. Es tat gut, in ihrer Nähe zu sein und ihr zuzuhören. Vielleicht würde sie auch ihn verstehen, vielleicht konnte er auch mit ihr über seine Geschichte reden und sie würde zuhören, während er erzählte, und er würde den Kopf an ihre Schulter legen.

Als sie dann im Gang erschien, begleitete sie das andere Mädchen. Armitage nahm seinen Mut zusammen und sprach sie an. „Hallo“. Doch sie sah ihn seltsam und mit großen Augen an. „Hallo“. Dann wich sie vor ihm zurück, schaute ihn entsetzt an und ging eilig mit dem anderen Mädchen weiter. Armitage sah ihr nach und ihm war klar, dass sie ihm nicht zuhören würde. Niemand würde ihm zuhören.


5.

Ihm war jetzt vor allem langweilig. Es gab absolut nichts für ihn zu tun. Doch das änderte sich nun bald. Noch bevor sein Vater in sein Zimmer kam und ihn anwies, er solle sich fertig machen zu gehen, sah er die Unruhe, die sich in der Basis breit machte. Die Gänge, die hier sonst eher ruhig waren, waren plötzlich von eilig umherhastenden Leuten gefüllt. Offiziere und Soldaten mit Blastern. Sie redeten beunruhigt miteinander, aber Armitage konnte außer einzelnen Satzstücken nicht viel davon verstehen. Es dauerte auch nicht lange, bis Gerath, mit dem er noch immer das Zimmer teilte, von seinem Training zurückkam und ebenfalls aufgebracht wirkte. Die beiden Mädchen verschwanden in ihrem Zimmer. Armitage, der auf dem Gang stand und die Hektik verwundert beobachtete, spürte ein sanftes Erzittern des Bodens und ein dumpfes tiefes Dröhnen.

„Was ist los, Gerath?“, wollte Armitage, der jetzt auch beunruhigt war, von ihm wissen. Er war sich nicht sicher, ob der andere wieder mit ihm reden würde, nachdem er ihn die letzten Tage nach Rufhs Tod gemieden hatte, aber er antwortete ihm. „Wir sollen uns fertig machen, Armitage. Wir werden evakuiert!“, meinte Gerath aufgebracht und stopfte seine wenigen Sachen in eine Tasche auf dem Bett. „Aber sie haben doch gesagt, dass es hier sicher ist!“, entgegnete Armitage. Der andere zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht! Midkarh hat gesagt, sie haben Angst, dass die Rebellen durchbrechen könnten!“ Armitage wollte etwas erwidern, aber ein erneutes Erzittern des Bodens brachte ihn erst einmal zum Schweigen.

Und dann kam sein Vater und wies ihn an, seine Sachen zu packen und mitzukommen. Armitage erinnerte sich daran, dass Namitha gesagt hatte, die Basis wäre sicher. „Wie kommen die Rebellen hier herein? Namitha hat doch gesagt, sie ist sicher“, fragte er beunruhigt seinen Vater, als er ihn mit sich die Gänge entlang und zu den Aufzügen zog. „Sie beschießen uns mit Torpedos und Turbolasern von ihren Schiffen im Weltraum aus.“ Sie gesellten sich zu den anderen, die ebenfalls auf den Aufzug warteten. „Entweder sie wollen uns unter diesem Berg begraben oder sie werden kommen, um uns zu holen, wenn wir es nicht rechtzeitig hinausschaffen.“

Der Aufzug kam endlich, doch vor ihnen drängten sich schon so viele andere hinein, dass sie keinen Platz mehr hatten und vor der Tür warten mussten. Wieder erbebte die Basis, doch diesmal war es eine andere Art von Explosion, schwächer aber dafür näher. Armitage sah schwarzen Qualm am andern Ende des Ganges. Bewaffnete Soldaten tauchten aus einem Quergang auf und eilten dorthin, ein Offizier schrie Befehle. Die Soldaten schossen, und einige brachen im feindlichen Blasterfeuer zusammen. Dann explodierte eine Stahltür und Armitage konnte durch den dichten Qualm dunkle Gestalten erkennen, die auf die imperialen Sturmtruppler schossen.

Dann kam der Aufzug wieder und sie drängten sich mit hinein. Es ging tief nach unten. Auf einer kleinen Anzeige neben der Tür erschienen Zahlen, die die Ebene anzeigten. Aber Armitage erkannte sie nicht, denn es waren keine der Zahlen, die er bereits gelernt hatte sondern fremde. Plötzlich spürte er, dass ihn jemand an der linken Hand fasste. Verwirrt drehte er sich um und sah Larthi, die ihn mit angsterfüllten Augen ansah. Sie war alleine, wusste nicht was los war. Und Armitage fühlte sich sofort als ihr Beschützer.

„Darf sie mit uns kommen?“, fragte er seinen Vater. Doch der sah sie nur an und sagte nichts. Also zog er sie einfach hinter sich her, als der Aufzug Minuten später tief im Berg ankam. Sie eilten dunkle Gänge mit teilweise flackernder Beleuchtung entlang und Armitage fragte sich, wo sie wohl hinwollten. Dann konnte er das Wort Hangar an einer der kahlen weißen Wände lesen, zumindest die Schrift, die jemand auf Basic unter ein anderes unbekanntes Wort geschrieben hatte. Und sie folgten, wie die anderen auch, dem Pfeil darunter. Hier unten waren keine Erschütterungen zu spüren und Armitage begann sich etwas sicher zu fühlen, und auch der feste Griff von Larthis Hand entspannte sich etwas. Sie liefen endlos erscheinende  Gänge weiter und Armitage wurde klar, wie groß diese Basis war.

Dann endlich hatten sie den Hangar vor sich und liefen darauf zu. Er war riesig und ebenfalls nur spärlich erleuchtet. Armitage folgte seinem Vater hinein und zog das Mädchen mit sich. Doch sie kamen nicht weit. Am entfernten anderen Ende das Hangars, dort, wo er nach draußen offen war, gab es plötzlich eine grelle Explosion und scharfe Metallsplitter flogen mit der Druckwelle durch die Luft und bohrten sich auch in weiter von der Explosion entfernte Körper. Sein Vater riss ihn unsanft zu Boden. Er hörte Schreie, sah Verwundete, die von den Splittern oder Trümmerteilen getroffen worden waren und bluteten. Dann krochen sie zwischen ein paar Transportschiffe in Deckung.

Etwas zischte in den Hangar und an ihnen vorbei, traf die Wand hinter ihnen und explodierte. Wären sie nicht in Deckung gekrochen, wären sie jetzt tot. „Raus hier, Armitage!“, rief sein Vater und zog ihn mit. Qualm brannte in seinen Augen und er konnte nicht viel sehen. Armitage wollte  Larthi mitziehen, aber sie war über eine halbe Leiche gestolpert und kauerte auf dem Boden in einer riesigen Blutlache. Sie hatte die Hand auf ihren Oberschenkel gepresst und Armitage sah, dass ihre Hand blutig war.

Armitage wollte sich aus dem Griff seines Vaters losreißen und ihr helfen, doch der hielt ihn fest. „Warte, Vater!  Wir müssen sie mitnehmen!“, rief er, schaute erst zu ihm auf und dann zu dem Mädchen, das sich nicht bewegt hatte und entsetzt in den Hangar auf die Trümmer und die Brände und die Toten und Verwundeten starrte. Von draußen schossen die Rebellen jetzt von ihren Jägern aus mit Lasern in den Hanger, trafen imperiale Flüchtlinge, TIEs, und Transporter und verwandelten sie in glühende Trümmer.

„Komm, Larthi, steh auf und komm!“, rief er ihr dann zu, als sein Vater nicht stehen blieb. „Steh auf!“ Sie drehte sich zu ihm um, noch immer unter Schock, wollte aufstehen, doch in dem Moment wurde sie von hinten von einem der Laser getroffen und ihr Kopf wurde zerrissen, bevor sie zu Boden stürzte.

Sie liefen aus dem Hangar, sein Vater zog ihn in einen der Gänge. Armitage wäre am liebsten auf den Boden gesunken und da sitzen geblieben, hätte zu Larthi gestarrt und versucht sie aufzuziehen, hätte ihr zugeschrien, dass sie mitkommen solle, dass sie da nicht auf dem Boden liegen und bluten solle, dass sie eine Hand auf die Wunde im Kopf pressen sollte. Doch sein Vater ließ ihn nicht zurück laufen, zog ihn weiter und weiter in die Gänge.

Und dann stand da plötzlich eine dunkel gekleidete Gestalt vor ihnen. Kein Rebell, kein imperialer Soldat. Was er trug, war keine Uniform, sondern irgendeine andere Kampfkleidung. Und er starrte sie an. „Kommandant Brendol Hux?“, fragte er dann seinen Vater. „Ja“, antwortete der ihm. „Ich bin Mercurial Swift, und ich habe den Auftrag von Großadmiral Rae Sloane Sie und Ihren Sohn in Sicherheit zu bringen. Ich habe ein Schiff unten im Tal, mit dem ich Sie von hier wegbringen kann. Folgen Sie mir also bitte.“


6.

Armitage war zum ersten Mal in seinem Leben in einem Raumschiff und im Weltall. Fasziniert und neugierig schaute er aus dem Fenster und sah wie seine Heimatwelt unter ihnen zurückfiel, wie der graue Himmel über den dichten Wolken schwarz wurde und alles voller Sterne war. Arkanis wurde zu einer schmutzig grauen Kugel, die schnell kleiner wurde, und dann gab es nur noch das Schwarz des Weltraums, die Sterne und die Sonne. Schließlich verwandelten sich die Sterne in Streifen und Arkanis und die Sonne waren ganz verschwunden.

Es folgte eine lange Reise, die Monate dauerte. Es gab nichts zu sehen außer den hellen Streifen im Weltraum. Meistens langweilte er sich, manchmal hörte er ihrem Retter zu, wenn er sich mit seinem Vater unterhielt, und manchmal musste er die schlechten Launen seines Vaters ertragen, ohne weglaufen zu können. Die Monate zogen sich ewig hin.

Doch dann verwandelten sich die hellen Streifen wieder zu Sternen, und fasziniert sah er den wunderschönen leuchtenden Nebel mitten im Weltraum vor sich. Und es gab andere Schiffe, viele andere Schiffe, von denen er zumeist nur die Lichter sah. Die näheren schienen ihm riesengroß, stahlgrau, pfeilförmig und voller Lichter. Und dorthin flogen sie. Die Langeweile war schlagartig weg, als er all die Schiffe ansah, die schnell größer wurden, manche so groß wie eine ganze Stadt.

Eines war besonders groß, ihr Retter, Mercurial Swift, hatte es die „Ravager“ genannt, einen Supersternzerstörer. Und genau auf dieses riesige Schiff, das mehrere Kilometer lang war und Tausende von Lasern und Kanonen hatte, flogen sie zu.


Und dann ging die lange Reise weiter, die sie zu einem Planeten führte, der ganz anders war als Arkanis. Die Erwachsenen nannten ihn Jakku. Von der Ravager aus konnte er ihn zwar nicht vom Weltraum aus sehen, da er kein Fenster hatte, sondern nur graue Wände aus Stahl sah, doch als sie auf die Oberfläche gebracht wurden, konnte er nur hellen Sand sehen, einen Himmel ganz ohne Wolken und eine Sonne, die erbarmungslos auf ihn herabschien. Als Kind aus Arkanis hatte er so viel Sonne noch nie gesehen. Sie brannte auf seiner blassen Haut und ließ sie schnell rot werden. Er blieb also meistens drinnen und lernte, während sein Vater außerhalb ihrer Unterkunft mit anderen Dingen beschäftigt war. Da er ihm ohnehin aus dem Weg ging, hatte er auch gar nichts dagegen.

Aber auf Dauer wurde es auch langweilig nur drinnen zu sitzen und zu lernen, zumal ihm das recht leicht viel. Also fing er nach ein paar Wochen zunehmend an, hinauszugehen und die imperiale Basis, in der sie sich befanden, zu erkunden. Trotz der sengenden Sonne und all dem Sand, der überall war und in seine Kleidung kroch, sich auf sein Gesicht legte und überall in seinen rot-blonden Haaren war. Der Himmel war so klar, dass er, wenn er nach oben schaute und blinzelte, die größeren Schiffe der Flotte sehen konnte, mit denen sie gekommen waren.

Doch das war nicht das einzige, was anders war als in der Akademie, in der er aufgewachsen war: Waren dort die Kadetten stets korrekt gekleidet, mit glänzenden schwarzen Stiefeln und gebügelter grauer Uniform, die Haare ordentlich gekämmt und mit korrekter Haltung, so wirkten die Soldaten hier unordentlich und verwildert. Die Sturmtruppler saßen nicht korrekt da, sondern sie lungerten herum, die Rüstungen waren beschmiert und teilweise kaputt. Sie kämpften nicht wie in einem ordentlichen Training, sondern sie prügelten sich, und auch ihr Ton war nicht mehr der gewohnte militärisch korrekte Befehls- und Gehorsamston. Sie wirkten verwahrlost.

Einmal nahm ihn sein Vater mit und zeigte ihm stolz zwei Dutzend andere Kinder, die alle älter waren als er. Sie waren noch verwildeter als die Sturmtruppler. „Sieh zu wie sie kämpfen, Armitage! Und nimm sie dir als Vorbild! Dies ist eine ganz neue Ausbildung von Soldaten von Kindheit an! Das ist die beste Methode der Ausbildung für eine neue Generation von Kämpfern!“ Und Armitage sah ihnen zu, sah dass sie nicht zu einem ordentlichen Kampf antraten, sondern übereinander herfielen, aufeinander einprügelten und bissen, wie wilde Tiere, schmutzig, mit zerzausten Haaren und unordentlicher Kleidung. Sie machten den Eindruck als wollten sie ihre Gegner nicht präzise töten, sondern sie zerreißen wie Raubtiere. Sie waren ihm unheimlich.

Doch das Schlimmste kam noch: Als sein Vater kurz wegging und die Kinder alleine ließ, sahen sie Armitage an, als ob er eine neue Beute für sie darstellte, als ob sie ihn gleich mit den Zähnen zerreißen wollten. Ihm war unwohl und er wich ein paar Schritte von ihnen zurück. Doch eine kleine Gruppe aus drei von ihnen kam auf ihn zu, und sie witterten sein Unbehagen. Einer von ihnen schubste ihn. „Was machst du hier?“ „Ich sehe euch zu.“ „Glotz uns nicht so an!“, meinte ein anderer. „Mein Vater hat gesagt...“, begann er und bekam bereits eine Faust ins Gesicht. Ein anderer stieß ihn und er stolperte und fiel zu Boden. Die drei anderen standen bedrohlich über ihm und andere näherten sich bereits neugierig. Armitage sah sich ängstlich nach einem Fluchtweg um, eine Möglichkeit vor weiteren Schlägen davonzulaufen.

Doch in dem Moment kam sein Vater zurück und brüllte sie zurück. Dann zerrte er ihn hoch und verpasste ihm eine Ohrfeige. „Schwacher erbärmlicher Feigling! Hast dir wohl vor lauter Angst vor anderen Kindern in die Hose gemacht und sie das spüren lassen, damit sie über dich herfallen wie Wölfe über ein Schaf! Los, geh zurück dein Zimmer, wo du hingehörst!“

Armitage machte sich auf den Rückweg. Doch anstatt in sein Zimmer zu gehen, kauerte er sich auf den Boden an die Wand eines der Gebäude und ließ die Tränen laufen, hier, wo ihn niemand sah und deshalb schimpfte.

„Du hast die Kinder beobachtet, Armitage“, sprach ihn plötzlich jemand an und er erschrak wie jemand, der dabei erwischt wurde etwas verbotenes zu tun. Er blickte zu dem Mann auf, der da vor ihm stand, weiße Uniform, roter Umhang, schwarze glänzende Stiefel und ordentlich zurückgekämmte dunkle Haare. Er nickte. „Ja, Sir, das habe ich“, antwortete er und stand eilig auf, zupfte seine Kleidung zurecht.

Der andere lächelte ihn freundlich an. „Ich bin Konzilar Gallius Rax, Armitage, und die Ausbildung dieser Waisenkinder von Jakku ist mein Projekt und das deines Vaters. Lass dich nicht von ihnen einschüchtern. Sie sind alle älter und bereits zum Kämpfen trainiert. Wenn du auch einmal älter bist, dann wirst du auch kämpfen können wie sie.“ „Ja, bestimmt werde ich das, Konzilar Rax“, antwortete er höflich.

Der lächelte ihn wieder an. „Weißt du, Armitage, diese Kinder sind die Zukunft des Imperiums. Sie werden von klein auf zu Soldaten ausgebildet und werden einmal bessere Kämpfer werden als die letzten Generationen von Sturmtrupplern. Mit ihnen wird das Imperium neu erstehen, mit deiner Generation von Kindern. Auch du wirst einmal Teil dieses neuen und besseren Imperiums sein, Armitage. Und dann werden wir die kriminelle Rebellenallianz zerschlagen, die die ganze Galaxis ins Chaos stürzt!“

Er war etwas verwirrt. So hatte sein Vater nie zu ihm gesprochen. Dass er einmal ein Teil einer bessern Zukunft sein würde. Und nicht einfach ein erbärmlicher Nichtsnutz. Er mochte diesen Rax sofort. Und als der schwieg und ihn freundlich ansah, stellte er ihm eine Frage: „Konzilar Rax, darf ich Sie etwas fragen?“ Der nickte. „Nur zu, Armitage.“ „Was ist eigentlich ein illegitimes Kind? Kann auch ein illegitimes Kind Teil der besseren Zukunft werden?“

Rax sah ihn erstaunt an, dann begriff er, was Armitage meinte. „In meinem neuen Imperium wird es keine illegitimen Kinder geben, nur gute Soldaten. Sieh, Armitage, alle diese Kinder, die du gerade gesehen hast sind Waisen. Niemand fragt sie danach, ob ihre Eltern verheiratet waren. Es spielt keine Rolle, weißt du.“ Armitage schaute zu ihm auf und fühlte sich wohl bei ihm. Rax nahm seine Hand und drückte sie. Und es kam ihm so vor, als ob es das erste Mal seit Jahren wäre, dass er lächelte.

Dann lief er nach Hause. Unterwegs stellte er sich vor, wie es wohl wäre, wenn dieser Rax sein Vater wäre und nicht Brendol. Dann würde ihm bestimmt jetzt nicht die Wange schmerzen und er hätte nicht ständig blaue Flecken. Abends bekam er noch einen heftigen Sonnenbrand und war ganz rot im Gesicht.

Zu den anderen Kindern hier hatte er keinen Kontakt, zum einen weil sie zumeist älter waren als er, weil er verschlossen und unglücklich war und nie lachte und weil er der Sohn von Kommandant Hux war. Außerdem waren Armitage die Kindersoldaten unheimlich und er hielt sich von ihnen fern. Und sie schienen ihn ihrerseits zu verachten, weil er selbst für sein Alter nicht das darstellte, was sie sich unter einem künftigen Krieger vorstellten, nicht groß und kräftig war, sondern dünn und blass. Das sagte ihm einmal sogar einer von ihnen, der ungefähr das selbe Alter hatte wie er und den die anderen Archex nannten, der spätere Captain Cardinal.

„Du bist klein und weich“, hatte der gesagt. „Du hast nie das harte Leben von uns Waisenkindern hier auf Jakku erlebt, sondern du bist ein verweichlichter Kommandantensohn. Du hast doch nie um dein Überleben in der Wüste ohne deine Eltern kämpfen müssen! Warum also bist du ständig so mürrisch, dir geht es doch gut?!“, hatte er ihn herausgefordert.

Armitage hätte ihn am liebsten verprügelt, doch er wollte sich nicht mit diesen Kindersoldaten anlegen und funkelte Archex nur wütend an. „Du hast von Anfang an einen Vater gehabt, wir hier hatten niemanden. Wir wurden von deinem Vater aufgelesen und er hat uns ein besseres Leben als Kämpfer ermöglicht, und wir sind ihm ewig dankbar dafür. Aber du bist ständig unzufrieden und scheinst deinen Vater nicht leiden zu können!“

Er war ein Außenseiter und meist allein.


7.

Ein paar Wochen vergingen so, in denen Armitage versuchte, sich sowohl von seinem Vater als auch von den Kindersoldaten fernzuhalten. Er blieb meistens drinnen, beobachtete die anderen aus seinem Fenster oder lernte. Doch dann nahm ihn sein Vater wieder einmal mit zu seinen Kindersoldaten. Diesmal aber führte er ihn nicht auf ein Trainingsgelände sondern in einen Hangar der Basis. Dort waren bereits eine Gruppe weiß gekleideter Sturmtruppler und drei weitere Erwachsene. Armitage erkannt sofort, dass einer von ihnen Rax war. Die beiden anderen kannte er nicht. Aber er begriff, dass sie Gefangene von Rax waren, ein Mann und eine Frau. Sie sah aus wie ein Wüstenräuber, er hatte die Kleidung eines Rebellen an. Und dann waren da noch die  Kindersoldaten, die sein Vater ausbildete.

Armitage fragte sich, was das alles zu bedeuten hatte und dachte, dass die Sturmtruppler jetzt gleich die Gefangenen töten würden. Doch dann gab Rax ihnen den Befehl ihre Blaster auf den Boden zu legen und ließ das Licht ausschalten. Er hörte, wie Rax den Kindern befahl die Sturmtruppler zu töten und sah Blasterfeuer und hörte Schreie. Armitage bekam Angst, als er zusah und zuhörte. Doch in der Dunkelheit konnten die anderen das wenigstens nicht sehen.

Und dann ging das Licht wieder an, und Armitage sah, dass die Sturmtruppler auf dem Boden des Hangars lagen. Die Kinder waren mit ihren Messern und Blastern auf sie losgegangen und hatten sie niedergemetzelt. Und jetzt lagen sie tot auf dem Boden in ihrem Blut. Armitage starrte entsetzt zu ihnen und zu den Kindern. Sie waren ihm schon vorher unheimlich gewesen. Jetzt hatte er Angst vor ihnen. Er schaute zu Rax, doch der erklärte ihnen, dass diese Kinder die Zukunft seines Imperiums wären und dass er das alte Imperium zerstören würde. Dann gab er seinem Vater und den Kindersoldaten die Anweisung die beiden Gefangenen hinaus auf das Dach zu bringen und Armitage folgte ihnen.

Sie waren noch draußen, als Rax vor vielen versammelten Soldaten eine Rede zu halten begann. In  ihr schimpfte er über eine Neue Republik und sagte, dass sie sie hier auf Jakku bekämpfen müssten. Er sagte Sätze wie „Der einzige Krieg in der Galaxis ist derjenige, den die kriminelle Rebellenallianz angefangen hat.“ Oder „Sie werden bald kommen! Bald werden sie versuchen zu beenden, was sie begonnen haben. Sie wollen das Ende des Imperiums. Sie wollen sich ausbreiten wie ein Tumor in einem gesunden Körper, sein Blut aussaugen und dabei fetter werden wie ein Parasit. … Sie verdienen keine Gnade von uns“, fuhr Rax fort. „Die Schlacht, die auf uns zukommt, ist kein Kampf um Jakku oder um das Imperium. Sie ist ein Kampf um die gesamte Galaxis“. Und schließlich feuerte er die versammelten Soldaten zum Kampf an: „Heute ist der Tag, an dem wir zurückschlagen. ... Die Schlacht ist gekommen! Los! Geht und zwingt sie auf den Boden, und dann brecht ihr Genick unter eurem Stiefel! Nehmt ihre Köpfe! Beendet ihre Tyrannei!“

Auch wenn Armitage damals nicht wusste, was diese Neue Republik sein sollte, so verstand er doch, dass Rax von einer Bedrohung sprach, die diese für sie war, dass sie wie eine kriegslüsterne Krankheit war, die sie befallen könnte und die sie gnadenlos bekämpfen müssten. Er wollte gerade seinen Vater danach fragen, was die Neue Republik war und was das für eine Bedrohung war, doch er kam nicht mehr dazu. Denn genau in dem Moment, als Rax seine Rede beendete, tauchten die feindlichen Schiffe am wolkenlosen Himmel auf.

Armitage bekam Angst, dass sie sie jetzt alle töten würden. Er sah, dass sich die feindliche Flotte ihrer eigenen näherte, die die ganze Zeit über schon über Jakku zu sehen gewesen war. Vor allem die großen Schiffe und das einzelne ganz große, mit dem sie hierher gekommen waren. Armitage starrte nach oben in den sonnigen Himmel, als die Schiffe das Feuer aufeinander eröffneten. Er sah zu wie die Feinde immer näher kamen, bis sie sich schließlich nicht mehr bewegten. Beide Seiten schossen aufeinander und Armitage fragte sich besorgt, was wohl passierte, wenn sie hier auf die Basis und auf sie alle stürzten. Er schaute eine Weile zu, sah wie kleinere Schiffe bereits auf Jakku zuflogen und sich zur Landung bereit machten.

Doch dann packte ihn sein Vater an der Hand und zog ihn mit sich zu einem Transportschiff. „Bringen sie uns jetzt um?“, fragte er ihn. Doch der ignorierte ihn und befahl ihm schnell einzusteigen. Drinnen war auch schon Rax, ein anderer finster dreinschauender und unheimlich wirkender Mann in dunkler Kleidung und diese mörderischen Kindersoldaten, vor denen er Angst hatte. Aber er stieg ein und sein Vater folgte ihm. Und dann flogen sie ab. „Wohin fliegen wir?“, wollte Armitage wissen. „Ich bringe euch zu einem Schiff, Armitage“, antwortete Rax. „Ich habe noch etwas zu erledigen, aber dann komme ich mit euch und wir fliegen weit, weit weg, wo wir in Sicherheit sind.“

Dann gingen Rax und sein Vater nach vorn ins Cockpit und er war alleine mit den anderen Kindern, die ihn wieder ansahen wie Raubtiere ihre Beute, und Armitage bekam wieder Angst. Jetzt, da er hier alleine mit ihnen war, könnten sie ihn leicht in Stücke reißen und töten. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, war sich aber nicht sicher, ob ihm das gelang. Sie starrten ihn immer noch so bedrohlich an, als endlich Rax zu ihnen kam.

Er beachtete die Kindersoldaten nicht weiter und kam direkt zu Armitage und sprach ihn an. Nun fühlte er sich etwas besser. „Dein Vater kann dich nicht leiden, was?“, fragte er ihn und sah ihn mitfühlend an. Armitage nickte. „Ja, Sir“, sagte er dann etwas traurig und versuchte immer noch seine Angst vor den Kindern zu verbergen. Doch Rax lächelte ihm zu und versprach ihm ein Geschenk. Verwirrt und neugierig fragte er ihn, was für ein Geschenk das sei, aber Rax wandte sich in dem Moment an die Kindersoldaten. „Ich möchte, dass ihr ab jetzt diesem Jungen hier gehorcht“, sagte er ihnen. Und sie bestätigten den Befehl. Armitage war verwirrt. Die anderen Kinder sollten ihm gehorchen? Und das, obwohl sie fast alle älter waren als er? Unsicher sah er sie an und fragte sich, ob sich Rax einen Scherz erlaubte.

„Ihr gehorcht mir jetzt?“, fragte er unsicher nach, und die Kinder bestätigten, was ihnen Rax zuvor befohlen hatte. Da zeigte Armitage auf einen von ihnen und wies ihn an seinen Kameraden neben ihm zu schlagen. Und der tat es tatsächlich und schlug den anderen Jungen. Jetzt wich seine Verwirrung Begeisterung. Das erste Mal war nicht er es, der anderen gehorchte, sondern jemand anderes hatte ihm gehorcht. Er hatte den Kindern, die ihn verachteten, gezeigt, dass es jetzt er war, der das Sagen hatte und dass sie ihn zu respektieren hatten. Und das fühlte sich gut an.

Minuten später setzte das Transportschiff zum Landeanflug an. Armitage sah neugierig aus dem Fenster. Aus all dem Sand ragte ein steiniger Felsen mit einem Eingang in der Mitte empor. Auf diesem Felsen standen Geschütze und er konnte rote Lichter sehen. Das Schiff setzt sanft auf und Rax sagte ihnen, dass sie jetzt aussteigen sollten. „Gehen Sie zu diesem Schiff“, wies er seinen Vater an. „Das ist eine Nachbildung der Imperialis, der Jacht des Imperators. Warten Sie dort auf mich. Ich gehe erst noch in das Observatorium und erledige, was ich jetzt tun muss.“ Dann ging er mit ihrem Piloten zu dem Eingang in dem Felsen und verschwand.

„Was tut Rax da?“, fragte Armitage seinen Vater, als sie aus dem Transportschiff stiegen und auf die Imperialis-Nachbildung zuliefen. „Er bereitet die Zerstörung des alten Imperiums vor und macht somit den Weg frei für ein neues und besseres Imperium“, antwortete er. „Die Zerstörung des alten Imperiums?“, fragte Armitage nach. „Ja. Er wird Jakku in die Luft sprengen, Armitage.“ Entsetzt starrte er seinen Vater an. „Den ganzen Planeten?“ „Ja. Und deshalb müssen wir jetzt auch schnell weg von hier, sobald Rax zurückkommt.“

Sie mussten eine ganze Weile warten. Während Armitage ungeduldig aus dem Fenster sah, merkte er, wie der Boden unter ihnen anfing zu vibrieren und zu beben. Jetzt, da er wusste, was das bedeutete, wurde er unruhig und fragte sich, was sie wohl tun würden, wenn Rax nicht zurückkäme. Würden sie hier sterben oder würde sein Vater das neue Schiff wegfliegen? Als das Beben stärker wurde, sah er seinen Vater ängstlich an. Doch auch der starrte aus dem Fenster und schien sich zu fragen, wo Rax so lange blieb. Die Kindersoldaten, seine Kindersoldaten, wirkten nur gelangweilt. Wahrscheinlich wussten sie nicht, was Rax da tat. Würde wohl einer von ihnen da hinauslaufen und nachsehen, wenn er es befehlen würde?

Armitage dachte noch darüber nach, als sich der gleißend helle Himmel Jakkus verdunkelte. Kurz darauf spürte er ein heftiges Beben der Erde. Rax hat den Planeten gesprengt, dachte er panisch, und wir werden jetzt sterben. Der Himmel verdunkelte sich weiter, füllte sich mit Sand und Staub. Trümmerstücke schlugen im Sand um sie herum ein und einige krachten auf das Dach der Jacht. Angespannt wartete Armitage, ob jetzt der Planet zerstört würde.

Doch er blieb wie er war. Dann drehte er sich um und schaute nach hinten aus dem Schiff. Eine riesige schwarze Rauchwolke erhob sich hinter dem Schleier aus Staub und Sand und umherfliegenden Trümmern in den Himmel. „Das war die Ravager!“, rief sein Vater. „Sie haben die Ravager abgeschossen! Jetzt werden sie durchbrechen und Jakku einnehmen! Wo zum Teufel bleibt Rax?!“, fragte er beunruhigt.

Wenig später tauchte jemand am Felseingang auf. Aber es war nicht Rax, wie Armitage erkannte, sondern eine dunkelhaarige Frau mit ganz dunklem Gesicht. Und sie kam auf sie zu. Sie wirkte erschöpft und verletzt wie nach einem Kampf, aber auch selbstsicher und befehlsgewohnt.

„Kommandant Brendol Hux“, sprach sie seinen Vater an, als sie zu ihnen in das Schiff stieg. „Ich bin Großadmiral Rae Sloane. Konzilar Rax ist tot, und Sie werden jetzt mit mir aufbrechen.“ Sein Vater war genauso verwirrt wie er selbst, dass nicht Rax sondern diese Großadmiralin hier auftauchte. Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als die Reise mit ihr anzutreten oder hier zu warten, bis diese Neue Republik die letzten Kräfte des Imperiums besiegt hätte und ihn gefangen nehmen, verhören und töten würde.

„Wohin fliegen wir, Großadmiral Sloane?“, fragte Armitage neugierig. Die beugte sich zu ihm hinunter und zerstruppelte mit einem Lächeln seine sorgfältig gekämmten Haare. „Ganz weit weg, Junge. Das, wo wir hinfliegen, das nennt sich die Unbekannten Regionen.“


8.

Armitage merkte schnell, dass diese Sloane jetzt das Kommando hier übernommen hatte. Sie ging in das Cockpit mit seltsam rot gefärbten Fenstern und bestimmte nach den Informationen eines Droiden den Weg. Das Schiff war unheimlich schnell und wendig, und so verließen sie Jakku, ohne von den feindlichen Schiffen der Neuen Republik abgeschossen zu werden. Dann tauchten sie in die Schwärze des Weltraums ein. Die Sterne wurden wieder zu hellen Linien und sie ließen Jakku und die Feindflotte hinter sich. Sie waren erst einmal in Sicherheit. Zumindest vor dieser Flotte. Allerdings würde es jetzt hier auf dem Schiff schwerer werden, seinem Vater auszuweichen, dachte Armitage besorgt und fragte sich, wie lange diese Reise wohl dauern würde.

Da die Jacht nicht sehr groß war, sah Armitage seinen Vater und die Kindersoldaten tatsächlich ziemlich häufig, während sich Sloane in ihr Quartier zurückzog. Oft sah er seinen Vater die Kinder trainieren. Sie hatten ja auch sonst nicht viel hier zu tun. Und hin und wieder sah er ihnen zu, da auch er sich langweilte. Normalerweise beachtete sein Vater ihn nicht und war mit den anderen Kindern beschäftigt.

Doch nach ein paar Tagen fiel sein Blick auf ihn, wie er abseits dastand und sie beobachtete. Er winkte ihn herbei und deutete auf einen anderen Jungen in seinem Alter. „Armitage, das ist Archex, einer meiner Kindersoldaten. Er ist etwa in deinem Alter“, meinte er und betrachtete seinen Sohn missbilligend. „Ich möchte, dass du gegen ihn kämpfst und mir zeigst, was du kannst.“

Doch der andere Junge hatte bereits sein Training angefangen, hatte sich als Waise auf einem unwirtlichen Planeten durchschlagen müssen, und so war er Armitage überlegen. Er fiel über ihn her, während Armitage sich hauptsächlich verteidigte und versuchte dessen Schläge und Tritte abzuwehren. Was ihn nicht immer gelang, dem anderen aber um so besser. Und so steckte er mehr Prügel ein, als er austeilte. Schnell drängte Archex ihn gegen die Wand und in eine Ecke. Er wollte nicht als Versager vor seinem Vater dastehen und schlug zurück, befreite sich ein wenig aus seiner Ecke, aber der andere war auch stärker als er, schlug härter zu.

Nach einer Viertelstunde war es ihm zu viel, obwohl er sich angestrengt hatte, seinen Vater nicht zu enttäuschen. Er erinnerte sich daran, dass Rax ihm das Kommando über die Kinder übergeben hatte und befahl dem anderen Jungen aufzuhören. Archex stellte seine Attacken tatsächlich ein, aber es war ein Eingeständnis einer Niederlage.

Mit gesenktem Kopf, die Arme um den schmerzenden Körper geschlungen, stand er in der Ecke, während Archex zu den anderen Kindern zurückging. Wütend sah sein Vater ihn an. „Ich bin ja gar nicht davon ausgegangen, dass du gewinnst. Aber dass du so jämmerlich verlierst, ist ein Schande! Sag mir, was für ein Kämpfer soll aus dir einmal werden?! Wozu sollst du einmal nütze sein?! Glaubst, das Imperium braucht einen so schwächlichen dünnen Jungen, der bei jedem Lufthauch umfällt?! Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn ich dich auf Jakku zurückgelassen hätte! Warum auch immer Rax dich dort haben wollte!“ Er verpasste Armitage eine Ohrfeige, und der steckte sie ein, ohne sich zu wehren, den Blick weiterhin gesenkt. „Du hast kein Rückgrat, keinen Kampfgeist! Du bist einfach nur eine Schande!“ Und dann prügelte er wieder auf seinen Sohn ein, bis er auf dem Boden hockte und wimmerte, die Arme über dem Kopf, um sich zu schützen.

„Kommandant Hux, Hören Sie auf, Ihren Sohn zu schlagen!“, hörte er plötzlich Sloane im Kommandoton. Der zögerte einen Moment, überlegte anscheinend, sie zu ignorieren, ließ dann aber doch von ihm ab und entfernte sich. Dann wandte sie sich an Armitage. „Steh auf, Armitage, und komm mit. Ich habe eine Salbe in meinem Quartier, die gegen blaue Flecken hilft.“ Gehorsam kam er der Aufforderung nach und lief ihr hinterher.

In ihrem Quartier bedeutete sie ihm sich auf einen Sessel zu setzen und holte die Salbe. Als sie die auf seine blauen Flecken an den Armen auftrug, zuckte er ein wenig zusammen, weil schon die Berührung wehtat. „Das muss jetzt sein, Armitage“, sagte sie. „Halt jetzt still, das wird dir helfen.“ Er gehorchte und beobachtete sie dabei. „Hast du noch mehr blaue Flecken?“, fragte sie ihn dann, als sie mit seinen Armen fertig war. Er nickte und zog sein Hemd aus. „Das sind aber viele Flecken, Armitage“, meinte sie erstaunt. „Schlägt dein Vater dich öfter?“ Betreten senkte er den Kopf und nickte wieder. „Ja“. „Hm“, meinte sie nur und fuhr damit fort ihn zu verarzten.

Nach ein paar Minuten war sie fertig und sah ihn wieder an. „Wenn du möchtest, kannst du heute hier bleiben. Hier bist du vor deinem Vater sicher.“ Dankbar nickte er und blieb auf seinem Sessel hocken. Sloane ging derweil ins Cockpit und beschäftigte sich dann mit irgendwelchen Informationen, die Armitage nichts sagten. Zum Essen und auf die Toilette verließ er Sloanes Quartier, traf aber nicht auf seinen Vater. Vermutlich hatte der sich in sein Quartier zurückgezogen. Die Kinder hockten herum und starrten ihn an, taten aber nichts. Sie waren anscheinend mit ihrem Training für heute fertig.

Später kehrte er wieder in Sloanes Quartier zurück und durfte sich wieder auf den Sessel setzen. Schweigend beobachtete er sie, wie sie irgendetwas auf ihrem Bildschirm studierte, aber er wollte sie nicht stören und blieb brav sitzen. Die blauen Flecken taten nicht mehr so weh und nach einer halben Stunde zog er die Beine an und fiel in einen unruhigen Schlaf.

Ein paar Stunden später wachte er aus einem seiner Albträume auf. Sloane hatte sich auch bereits in ihr Bett zurückgezogen und das Licht gelöscht. Doch jetzt schaltete sie es wieder ein und kam aus ihrem Schlafzimmer. „Was ist los, Armitage?“ Er schaute sie fragend an. „Hast du gerufen?“ Verlegen erwiderte er ihren Blick. „Nein. Es tut mir leid, ich wollte Sie nicht wecken. Ich habe schlecht geträumt.“

Sie wurde langsam wach und setzte sich dann auf einen der anderen Sessel. „Du weinst ja, Armitage.“ Erst jetzt bemerkte er seine Tränen und wischte sie schnell weg. Sie ging neben seinem Sessel in die Hocke und strich ihm über das rot-blonde Haar. „Ist es wegen deinem Vater? Hör zu, Armitage. Ich kann dafür sorgen, dass er dich nicht mehr schlägt. Möchtest du das?“ Er nickte wieder. „Ja“. „Und du sorgst dafür, dass deine Kindersoldaten mich in Ruhe lassen. In Ordnung?“ „In Ordnung“. Dann nahm sie ihn kurz in den Arm, er ließ es zu und lehnte seinen Kopf an ihre Schulter, fühlte sich einen Moment lang geborgen und beschützt. Dann ging sie zurück in ihr Schlafzimmer und kehrte kurz darauf mit einer Decke zurück. „Hier, die kannst du haben. Und wenn du möchtest, kannst du dich auf das Sofa legen. Ist bestimmt bequemer da“.

Als er am nächsten Morgen erwachte, war Sloane bereits hinausgegangen. Er stand auf, faltete die Decke und legte sie ordentlich auf den Sessel. Dann ging er zum Frühstück und setzte sich an den Tisch im Esszimmer, fing gerade an zu essen, als sein Vater aus der kleinen Küche kam und sein Frühstück holte. Kurz darauf erschien Sloane mit einem entschlossenen Blick ebenfalls aus der Küche und ging in ihr Quartier.

Sein Vater setzte sich auch an den Tisch und sah Armitage einen Moment lang schweigend an. Dann meinte er: „Du solltest am besten von Anfang an mit deinem Training beginnen, damit du lernst, wie du mit den anderen Kindern kämpfen musst.“ Armitage erwiderte nichts und sie aßen schweigend fertig.

Zwei Stunden später begann er unter Leitung seines Vaters sein Training mit den anderen Kindern.

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